Sorgenfrey-Ebene

Die Sorgenfrey-Ebene ist ein nach dem Mathematiker Robert Henry Sorgenfrey benanntes Beispiel aus dem mathematischen Teilgebiet der Topologie.

Definition

Ist R {\displaystyle R} die Sorgenfrey-Gerade, so heißt das kartesische Produkt R 2 = R × R {\displaystyle R^{2}=R\times R} mit der Produkttopologie die Sorgenfrey-Ebene. Dabei ist die Sorgenfrey-Gerade R {\displaystyle R} derjenige topologische Raum, der auf der Menge R {\displaystyle \mathbb {R} } von allen halboffenen Intervallen [ a , b ) {\displaystyle [a,b)} als Basis erzeugt wird, das heißt die offenen Mengen dieses Raums sind die als beliebige Vereinigung halboffener Intervalle [ a , b ) {\displaystyle [a,b)} darstellbaren Mengen.

Die der Sorgenfrey-Ebene zugrundeliegende Menge ist also R 2 {\displaystyle \mathbb {R} ^{2}} und die Topologie der Sorgenfrey-Ebene wird demnach von der Menge aller halboffenen Rechtecke der Form [ a , b ) × [ c , d ) {\displaystyle [a,b)\times [c,d)} als Basis erzeugt.

Beispiele offener Mengen

Da die Mengen [ a , b ) {\displaystyle [a,b)} in der Sorgenfrey-Geraden offen und abgeschlossen sind, gilt das auch für [ a , b ) × [ c , d ) R 2 {\displaystyle [a,b)\times [c,d)\subset R^{2}} . Die Sorgenfrey-Ebene besitzt daher eine Basis aus offen-abgeschlossenen Mengen.

Jedes bezüglich der euklidischen Topologie offene Rechteck ( a , b ) × ( c , d ) {\displaystyle (a,b)\times (c,d)} ist auch offen bezüglich der Topologie der Sorgenfrey-Ebene, denn

( a , b ) × ( c , d ) = n = 1 [ a + 1 n , b ) × [ c + 1 n , d ) {\displaystyle (a,b)\times (c,d)=\bigcup _{n=1}^{\infty }[a+{\frac {1}{n}},b)\times [c+{\frac {1}{n}},d)} .

Die Topologie der Sorgenfrey-Ebene ist daher echt feiner als die euklidische Topologie.

Eigenschaften

Die Sorgenfrey-Ebene R 2 {\displaystyle R^{2}} hat folgende Eigenschaften:

  • R 2 {\displaystyle R^{2}} ist als Produkt eines vollständig regulären Raumes vollständig regulär.
  • R 2 {\displaystyle R^{2}} ist total unzusammenhängend.
  • R 2 {\displaystyle R^{2}} hat die lebesguesche Überdeckungsdimension {\displaystyle \infty } .[1]
  • R 2 {\displaystyle R^{2}} ist nicht diskret, denn eine einelementige Menge enthält keine Basismenge. Die Topologie der Sorgenfrey-Ebene ist aber echt feiner als die euklidische Topologie auf R 2 {\displaystyle \mathbb {R} ^{2}} .
  • R 2 {\displaystyle R^{2}} ist separabel ( Q 2 {\displaystyle \mathbb {Q} ^{2}} liegt dicht, denn jede Basismenge enthält einen Punkt mit rationalen Koordinaten), genügt dem ersten Abzählbarkeitsaxiom (die Mengen [ a , a + 1 n ) × [ b , b + 1 n ) {\displaystyle \textstyle [a,a+{\frac {1}{n}})\times [b,b+{\frac {1}{n}})} bilden eine Umgebungsbasis von ( a , b ) R 2 {\displaystyle (a,b)\in R^{2}} ), aber nicht dem zweiten Abzählbarkeitsaxiom.
  • R 2 {\displaystyle R^{2}} ist nicht metrisierbar, denn für metrische Räume folgt aus der Separabilität das zweite Abzählbarkeitsaxiom.
  • R 2 {\displaystyle R^{2}} ist kein normaler Raum (siehe unten).

Gegenbeispiele

Der Unterraum D {\displaystyle D} trägt die diskrete Topologie.

Die Menge D := { ( x , x ) ; x R } R 2 {\displaystyle D:=\{(x,-x);x\in R\}\subset R^{2}} trägt als Teilraumtopologie die diskrete Topologie, denn für jeden Punkt ( x , x ) D {\displaystyle (x,-x)\in D} gilt { ( x , x ) } = D [ x , x + 1 ) × [ x , x + 1 ) {\displaystyle \{(x,-x)\}=D\cap [x,x+1)\times [-x,-x+1)} , wie nebenstehende Zeichnung verdeutlicht.

Insbesondere ist D {\displaystyle D} mit der Teilraumtopologie nicht separabel. Die Sorgenfrey-Ebene ist daher ein Beispiel dafür, dass sich Separabilität im Allgemeinen nicht auf Teilräume vererbt. Ein weiteres Beispiel für diesen Sachverhalt ist der Niemytzki-Raum.

D {\displaystyle D} als Teilmenge von R 2 {\displaystyle R^{2}} ist abgeschlossen, da D {\displaystyle D} schon bezüglich der euklidischen Topologie abgeschlossen ist. Wegen der Diskretheit von D {\displaystyle D} ist dann jede Teilmenge von D {\displaystyle D} abgeschlossen in R 2 {\displaystyle R^{2}} . Setzt man E := { ( x , x ) ; x Q } R 2 {\displaystyle E:=\{(x,-x);x\in \mathbb {Q} \}\subset R^{2}} , so sind E {\displaystyle E} und D E {\displaystyle D\setminus E} zwei disjunkte, abgeschlossene Mengen, die sich nicht durch offene Mengen trennen lassen. R 2 {\displaystyle R^{2}} ist daher nicht normal. Da die Sorgenfrey-Gerade normal ist, zeigt die Sorgenfrey-Ebene, dass ein Produkt normaler Räume im Allgemeinen nicht normal ist. Da die Sorgenfrey-Gerade sogar parakompakt ist, ist die Sorgenfrey-Ebene auch ein Beispiel dafür, dass Produkte parakompakter Räume im Allgemeinen nicht wieder parakompakt sind.

Literatur

  • Johann Cigler, Hans-Christian Reichel: Topologie. Eine Grundvorlesung (= BI-Hochschultaschenbücher. Band 121). Bibliographisches Institut, Mannheim u. a. 1978, ISBN 3-411-00121-6. 
  • Lynn Arthur Steen, J. Arthur Seebach: Counterexamples in Topology. 2. Auflage. Springer, New York NY u. a. 1978, ISBN 0-387-90312-7. 

Einzelnachweise

  1. Olga Sipacheva: The Covering Dimension of the Sorgenfrey Plane, Cornell University 2021, arXiv2110.08867.pdf