Schilow-Rand

Der Schilow-Rand (nach Georgi Schilow, nach englischer Transkription auch Shilov-Rand) ist ein mathematisches Konzept aus der Theorie der kommutativen C {\displaystyle \mathbb {C} } -Banachalgebren. Damit wird eine Version des aus der Funktionentheorie bekannten Maximumprinzips auf kommutative Banachalgebren übertragen.

Motivation

Der Einfachheit beschränken wir uns auf kommutative Algebren mit Einselement. Es seien X {\displaystyle X} ein kompakter Hausdorffraum und A C ( X ) {\displaystyle A\subset C(X)} eine Unteralgebra der Banachalgebra C ( X ) {\displaystyle C(X)} der stetigen Funktionen X C {\displaystyle X\rightarrow \mathbb {C} } mit folgenden Eigenschaften:

  • 1 A {\displaystyle 1\in A} , das heißt A {\displaystyle A} enthält die konstante Funktion 1,
  • x y X : a A : a ( x ) a ( y ) {\displaystyle \forall x\not =y\in X:\exists a\in A:a(x)\not =a(y)} , das heißt A {\displaystyle A} trennt die Punkte von X {\displaystyle X}

Man sagt dann kurz, A {\displaystyle A} sei eine Funktionenalgebra auf X {\displaystyle X} .

Eine abgeschlossene Teilmenge E X {\displaystyle E\subset X} heißt maximierend (für A {\displaystyle A} ), falls für alle Funktionen a A {\displaystyle a\in A} Folgendes gilt: sup { | a ( x ) | ; x X } = sup { | a ( x ) | ; x E } {\displaystyle \sup\{|a(x)|;x\in X\}=\sup\{|a(x)|;x\in E\}} .[1]

Ist zum Beispiel X = D := { z C ; | z | 1 } {\displaystyle X=\mathbb {D} :=\{z\in \mathbb {C} ;\,|z|\leq 1\}} die Kreisscheibe und A {\displaystyle A} die Diskalgebra, das heißt die Algebra aller stetigen Funktionen auf D {\displaystyle \mathbb {D} } , die im Inneren D {\displaystyle \mathbb {D} ^{\circ }} holomorph sind, so ist wegen des Maximumprinzips der Funktionentheorie jede abgeschlossene Teilmenge, die den Rand D {\displaystyle \partial \mathbb {D} } enthält, eine maximierende Menge. Insbesondere ist D {\displaystyle \partial \mathbb {D} } die kleinste maximierende Menge.

Schilow-Rand für Funktionenalgebren

Das Beispiel der Diskalgebra verallgemeinert sich zu folgendem auf Schilow zurückgehenden Satz:

  • Sind X {\displaystyle X} ein kompakter Hausdorffraum und A {\displaystyle A} eine Funktionenalgebra auf X {\displaystyle X} , so ist der Durchschnitt aller maximierenden Mengen für A {\displaystyle A} nicht leer und wieder maximierend.[2]

Insbesondere gibt es also eine kleinste maximierende Menge. Diese nennt man den Schilow-Rand der Funktionenalgebra A {\displaystyle A} , übliche Bezeichnungen sind S ( A ) , S ˇ ( A ) {\displaystyle S(A),{\check {S}}(A)} oder A {\displaystyle \partial A} . Da maximierende Mengen Ränder sind, ist auch der Schilow-Rand ein Rand.[3]

Schilow-Rand für kommutative Banachalgebren

Sei A {\displaystyle A} eine kommutative C {\displaystyle \mathbb {C} } -Banachalgebra mit Einselement. Der Gelfand-Raum X A {\displaystyle X_{A}} ist bekanntlich ein kompakter Hausdorffraum und die Gelfand-Transformation A C ( X A ) {\displaystyle A\rightarrow C(X_{A})} bildet A {\displaystyle A} auf eine Funktionenalgebra A ^ {\displaystyle {\hat {A}}} auf X A {\displaystyle X_{A}} ab. Der Schilow-Rand der Funktionenalgebra A ^ {\displaystyle {\hat {A}}} wird Schilow-Rand von A {\displaystyle A} genannt und ebenfalls mit S ( A ) , S ˇ ( A ) {\displaystyle S(A),{\check {S}}(A)} oder A {\displaystyle \partial A} bezeichnet.

Beispiele

  • Der Gelfand-Raum der Diskalgebra A {\displaystyle A} ist die Menge der Punktauswertungen δ z : A C , a δ z ( a ) := a ( z ) {\displaystyle \delta _{z}:A\rightarrow \mathbb {C} ,\,a\mapsto \delta _{z}(a):=a(z)} und die Abbildung D X A , z δ z {\displaystyle \mathbb {D} \rightarrow X_{A},\,z\mapsto \delta _{z}} ist ein Homöomorphismus. Identifiziert man D {\displaystyle \mathbb {D} } mittels dieses Homöomorphismus mit X A {\displaystyle X_{A}} , so A = A ^ {\displaystyle A={\hat {A}}} und es ist A = D {\displaystyle \partial A=\partial \mathbb {D} } .
  • Sei X := { ( z , w ) C 2 ; | z | 1 , | w | 1 } {\displaystyle X:=\{(z,w)\in \mathbb {C} ^{2};\,|z|\leq 1,|w|\leq 1\}} der Bizylinder mit Radius ( 1 , 1 ) {\displaystyle (1,1)} . A {\displaystyle A} sei die von allen Polynomen in zwei Variablen erzeugte Unter-Banachalgebra von C ( X ) {\displaystyle C(X)} . Man kann zeigen, dass der Gelfand-Raum von A {\displaystyle A} die Menge der Punktauswertungen δ x : A C , a a ( x ) {\displaystyle \delta _{x}:A\rightarrow \mathbb {C} ,a\mapsto a(x)} für x X {\displaystyle x\in X} ist und dass X X A , x δ x {\displaystyle X\rightarrow X_{A},x\mapsto \delta _{x}} eine Homöomorphismus ist. Man kann also wie oben X {\displaystyle X} mit X A {\displaystyle X_{A}} identifizieren. Dann kann man zeigen, dass A = { ( z , w ) X ; | z | = 1 = | w | } {\displaystyle \partial A=\{(z,w)\in X;\,|z|=1=|w|\}} . In diesem Fall ist der Schilow-Rand kleiner als der topologische Rand von X {\displaystyle X} in C 2 {\displaystyle \mathbb {C} ^{2}} .
  • Ist X {\displaystyle X} ein kompakter Hausdorffraum und A = C ( X ) {\displaystyle A=C(X)} , so ist A = X A {\displaystyle \partial A=X_{A}} .

Bemerkungen

  • Ist A {\displaystyle A} eine kommutative C {\displaystyle \mathbb {C} } -Banachalgebra mit Einselement, so gilt für die Gelfand-Transformierte a ^ : X A C {\displaystyle {\hat {a}}:X_{A}\rightarrow \mathbb {C} } , dass sup { | a ^ ( φ ) | ; φ X A } = sup { | a ^ ( φ ) | ; φ A } {\displaystyle \sup\{|{\hat {a}}(\varphi )|;\,\varphi \in X_{A}\}\,=\,\sup\{|{\hat {a}}(\varphi )|;\,\varphi \in \partial A\}} . Das folgt direkt aus den Definitionen, denn A {\displaystyle \partial A} ist eine maximierende Menge der Funktionenalgebra A ^ {\displaystyle {\hat {A}}} . Die Gelfand-Transformierten erfüllen damit ein Maximumprinzip bzgl. des Schilow-Randes. Darüber hinaus gilt folgende lokale Version des Maximumprinzips:[4]
Ist   U X A A {\displaystyle U\subset X_{A}\setminus \partial A}   offen, so gilt für alle a A {\displaystyle a\in A} und φ U {\displaystyle \varphi \in U} , dass | a ^ ( φ ) | sup ψ U | a ^ ( ψ ) | {\displaystyle \textstyle |{\hat {a}}(\varphi )|\leq \sup _{\psi \in \partial U}|{\hat {a}}(\psi )|} .
  • Der Choquet-Rand ist stets als dichte Teilmenge im Schilow-Rand enthalten.[5]
  • Bekanntlich gilt für das Spektrum σ ( a ) {\displaystyle \sigma (a)} von a A {\displaystyle a\in A} die Formel σ ( a ) = a ^ ( X A ) {\displaystyle \sigma (a)={\hat {a}}(X_{A})} . Bezüglich der Ränder der Spektren gilt die Formel σ ( a ) a ^ ( A ) {\displaystyle \partial \sigma (a)\subset {\hat {a}}(\partial A)} .[6]

Einzelnachweise

  1. F. F. Bonsall, J. Duncan: Complete Normed Algebras. Springer-Verlag 1973, ISBN 3-540-06386-2, §22, Definition 1
  2. F. F. Bonsall, J. Duncan: Complete Normed Algebras. Springer-Verlag 1973, ISBN 3-540-06386-2, §22, Theorem 3
  3. F. F. Bonsall, J. Duncan: Complete Normed Algebras. Springer-Verlag 1973, ISBN 3-540-06386-2, §22, Definition 4
  4. F. F. Bonsall, J. Duncan: Complete Normed Algebras. Springer-Verlag 1973, ISBN 3-540-06386-2, §22, Theorem 11
  5. Ronald Larsen: Banach Algebras, Marcel Dekker (1973), ISBN 0-8247-6078-6, Korollar 9.4.1
  6. F. F. Bonsall, J. Duncan: Complete Normed Algebras. Springer-Verlag 1973, ISBN 3-540-06386-2, §22, Satz 7