In der linearen Algebra wird durch eine Polarisationsformel eine symmetrische Bilinearform beziehungsweise eine Sesquilinearform mithilfe ihrer zugehörigen quadratischen Form dargestellt.
Ein wichtiger Anwendungsfall ist die Darstellung des Skalarproduktes eines Innenproduktraumes durch die zugehörige induzierte Norm
. Umgekehrt kann man fragen, ob eine gegebene Norm durch ein Skalarprodukt induziert wird. Dies ist genau dann der Fall, wenn die Norm die Parallelogrammgleichung erfüllt, das Skalarprodukt kann dann mittels Polarisation aus dem Quadrat der Norm bestimmt werden.
Es seien
ein Vektorraum über dem Körper
und
eine symmetrische Bilinearform, d. h.
![{\displaystyle {\begin{aligned}\alpha (v_{1}+v_{2},w)&=\alpha (v_{1},w)+\alpha (v_{2},w)\\\alpha (c\cdot v,w)&=c\cdot \alpha (v,w){\text{ und }}\\\alpha (v,w)&=\alpha (w,v)\end{aligned}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/e7a956afee8a21840228732e50ccea2d243eda51)
für alle
,
.
Ihre zugehörige quadratische Form
wird dann definiert durch
![{\displaystyle q(v):=\alpha (v,v),\;v\in V.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/7817102abac6ba226031fcd6222d4839712a725a)
Umgekehrt wird die symmetrische Bilinearform
durch ihre quadratische Form eindeutig bestimmt. Dies drückt die Polarisationsformel aus: Es gilt
![{\displaystyle {\begin{aligned}\alpha (v,w)&={\frac {1}{2}}\left(q(v+w)-q(v)-q(w)\right),\quad v,w\in V\\&={\frac {1}{2}}\left(q(v)+q(w)-q(v-w)\right),\quad v,w\in V\\&={\frac {1}{4}}\left(q(v+w)-q(v-w)\right),\quad v,w\in V.\end{aligned}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/3d90f9916f23128380e3f85740f893632a14f9d4)
Dass dies nicht für beliebige (also auch nicht symmetrische) Bilinearformen gilt, zeigt das folgende Beispiel. Mit Hilfe der Matrizen
![{\displaystyle A:={\begin{pmatrix}1&1\\-1&1\end{pmatrix}}\quad {\text{und}}\quad B:={\begin{pmatrix}1&0\\0&1\end{pmatrix}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/7a563f69f992128c2f300039754e3d9f83d831e6)
seien die Bilinearformen
gegeben durch
![{\displaystyle \alpha (v,w):=v^{T}Aw\quad {\text{und}}\quad \beta (v,w):=v^{T}Bw,\quad v,w\in \mathbb {R} ^{2}.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/4bfe34a291576fdf4550bb163f9dd0be1f2224c4)
Dann sind
und
verschieden, definieren aber dieselbe quadratische Form.
Es seien
ein Vektorraum über dem Körper
und
eine (nicht notwendigerweise hermitesche) Sesquilinearform. Ihre zugehörige quadratische Form
wird wie im reellen Fall definiert durch
![{\displaystyle q(v):=\alpha (v,v),\;v\in V.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/7817102abac6ba226031fcd6222d4839712a725a)
Auch eine Sesquilinearform ist durch ihre quadratische Form eindeutig bestimmt. Für Sesquilinearformen lautet die Polarisationsformel:
![{\displaystyle \alpha (v,w)={\frac {1}{4}}\left(q(v+w)-q(v-w)\right)-{\frac {i}{4}}\left(q(v+iw)-q(v-iw)\right),\quad v,w\in V,}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/e6bfac679b49b22f14a7906931b08f68759c35a5)
falls
im ersten Argument semilinear ist und
![{\displaystyle \alpha (v,w)={\frac {1}{4}}\left(q(v+w)-q(v-w)\right)+{\frac {i}{4}}\left(q(v+iw)-q(v-iw)\right),\quad v,w\in V,}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/b7f3db7367f3b327f879f1d0f7111b6c26f851c8)
falls
im zweiten Argument semilinear ist.
Literatur
- Oswald Riemenschneider: Lineare Algebra und Analytische Geometrie (pdf; 809 kB)- Vorlesungsskript, Uni Hamburg 2005, S. 82
- Peter Knabner, Wolf Barth: Lineare Algebra. Grundlagen und Anwendungen. Berlin: Springer Spektrum (2018). ISBN 978-3-662-55599-6/hbk 978-3-662-55600-9/ebook