Lippenteller

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Lippenteller der Surma

Ein Lippenteller ist ein Hilfsmittel für die Formung von Tellerlippen, die dem Schönheitsideal verschiedener afrikanischer und amerikanischer Ethnien entsprechen.

Afrika

Beim äthiopischen Volk der Mursi wird die Unterlippe aufgeschnitten und langsam gedehnt, indem immer größere Tonteller eingesetzt werden. Auf dieselbe Art werden häufig die Ohrläppchen verziert. Ein besonders großer Lippenteller wird hoch angesehen. Frauen werden daher ab dem 20. Lebensjahr einige Zähne ausgeschlagen,[1] die Unterlippen durchbohrt und ein Jahr lang aufgedehnt, bis sie ihre endgültige Größe haben.

Heute ist das Tragen des Lippentellers für Mursis sowohl eine kulturelle Tradition als auch eine Verdienstmöglichkeit. Die Zunahme des Tourismus in Äthiopien verdeutlichte den Mursifrauen, wie bemerkenswert Lippenteller für überwiegend westliche Reisende sind. Ihre Feldarbeit verlor zunehmend an Bedeutung und wurde durch eine lohnendere Tätigkeit als Objekte der Erinnerungsfotografie ersetzt.[2] So ziehen sich die Mursifrauen schnell ihre Lippenteller ein, sobald Touristen in ihre Gegend kommen. Im Alltag tragen sie den Lippenteller selten. Manche Forscher glauben, dass diese Tradition ursprünglich dazu diente, sie für arabische Sklavenjäger unattraktiv zu machen.[3]

Für einen Mursi-Mann liegt die Schönheit in der Größe der Tellerlippe seiner Frau. Je größer, am besten im Durchmesser von 15 Zentimetern, desto mehr Respekt kann die Frau erwarten.

Amerika

Die Zo’é, Indigene im Amazonas-Gebiet, tragen Unterlippenpflöcke aus weißem Holz. Dieser Brauch hat sich vermutlich als Reaktion auf die Bedrohung durch feindliche Stämme entwickelt, denn er führte dazu, dass die dadurch entstellten Frauen für Feinde unattraktiv wurden. Für die Zo’é selbst wurden sie aber zum Schönheitsmerkmal und Zeichen ihrer Stammeszugehörigkeit.

Ethnien mit Tellerlippen

Zu den Völkern, die bekannt dafür sind, dass ihre Angehörigen Lippenteller verwenden, gehören unter anderem die

  • Botokudo-Frauen und -Männer in Brasilien
  • Kayapo in Brasilien
  • Kichepo in Äthiopien
  • Makonde in Tansania und Mosambik
  • Mursi-Frauen in Äthiopien
  • Sara-Frauen im Tschad
  • Surma-Frauen in Äthiopien
  • Suyá-Männer in Brasilien
  • Tlingit in Alaska
  • Botokuden-Frau mit Lippenpflock
    Botokuden-Frau mit Lippenpflock
  • Makonde-Frau mit Ziernarben und Lippenteller in der Oberlippe
    Makonde-Frau mit Ziernarben und Lippenteller in der Oberlippe
  • Mursi-Frau ohne Lippen- und Ohrläppchenteller
    Mursi-Frau ohne Lippen- und Ohrläppchenteller
  • Tonfigur der Mochica-Kultur mit Lippenteller
    Tonfigur der Mochica-Kultur mit Lippenteller

Bekannte Personen mit Lippenteller

  • Raoni Metuktire

Siehe auch

  • Lippenpflock
  • Labret-Piercing
  • Labret-Stecker
Commons: Labret – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Mursi Woman Ethiopia
  • Lotosfüße und Tellerlippen; andere Völker = andere Sitten

Einzelnachweise

  1. Rüdiger Nehberg: Survival: Die Kunst zu überleben. Ullstein, Frankfurt am Main 1982, S. 49.
  2. Marc Vorsatz: Wenn sich Öko-Touristen auf Mursi-Krieger stürzen. Welt, 21. Juni 2012
  3. David Turton: Lip-Plates and 'The People Who Take Photographs': Uneasy Encounters between Mursi and Tourists in Southern Ethiopia. In: Anthropology Today. Band 20, Nr. 3, 2004, S. 3–8.