Khovanov-Homologie

In der Mathematik ist die Khovanov-Homologie eine Knoteninvariante, die das Jones-Polynom „kategorifiziert“: sie ist eine Homologietheorie, deren gradierte Euler-Charakteristik das Jones-Polynom ergibt.

Konstruktion

Die Khovanov-Homologie soll eine Invariante von orientierten Knoten und Verschlingungen sein. Man ordnet zunächst einem Diagramm einen gradierten Kettenkomplex zu (die „Khovanov-Klammer“) und definiert dann die Khovanov-Homologie als die gradierte Homologie dieses Komplexes.

Die Khovanov-Klammer [ L ] {\displaystyle \left[L\right]} von Diagrammen L {\displaystyle L} wird durch folgende Eigenschaften eindeutig festgelegt

  • Die Khovanov-Klammer der leeren Menge ist der Komplex 0 Z 0 {\displaystyle 0\to \mathbb {Z} \to 0} .
  • [ L ] = V [ L ] {\displaystyle \left[\bigcirc \sqcup L\right]=V\otimes \left[L\right]} .
  • Wenn Diagramme dreier Verschlingungen L 1 , L 0 , L 1 {\displaystyle L_{-1},L_{0},L_{1}} sich nur in einem kleinen Ausschnitt wie im Bild unten unterscheiden, dann ist [ L 0 ] = F ( 0 L 1 L 1 { 1 } 0 ) {\displaystyle \left[L_{0}\right]={\mathcal {F}}(0\to L_{1}\to L_{-1}\left\{1\right\}\to 0)} .

Dabei ist V {\displaystyle V} ein gradierter Vektorraum mit Erzeugern q {\displaystyle q} und q 1 {\displaystyle q^{-1}} in Graden 1 {\displaystyle 1} und 1 {\displaystyle -1} , { 1 } {\displaystyle \left\{1\right\}} steht für Gradverschiebung um 1 {\displaystyle 1} , und F {\displaystyle {\mathcal {F}}} macht aus einem Doppelkomplex einen Komplex durch bilden direkter Summen entlang Diagonalen.

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L 1 {\displaystyle L_{-1}} L 0 {\displaystyle L_{0}} L 1 {\displaystyle L_{1}}

Die Khovanov-Homologie L {\displaystyle L} ist dann definiert als Homologie von [ L ] [ n ] { n + 2 n } {\displaystyle \left[L\right]\left[-n_{-}\right]\left\{n_{+}-2n_{-}\right\}} , wobei n ± {\displaystyle n_{\pm }} für die Anzahl der positiven und negativen Überkreuzungen des Diagramms steht, [ . ] {\displaystyle \left[.\right]} für die Gradverschiebung im Kettenkomplex und { . } {\displaystyle \left\{.\right\}} wieder für die Gradverschiebung im gradierten Vektorraum steht.

Khovanov-Homologie ist eine Invariante von Verschlingungen: unterschiedliche Diagramme einer Verschlingung geben dieselbe Khovanov-Homologie.

Eigenschaften

Khovanov-Homologie ist ein kovarianter Funktor von der Kategorie der Verschlingungen und Linkkobordismen in die Kategorie der Vektorräume und Vektorraumhomomorphismen über dem Körper F 2 {\displaystyle F_{2}} .

Khovanov-Homologie einer Verschlingung L {\displaystyle L} ist ein F 2 {\displaystyle F_{2}} -Vektorraum K h ( L ) {\displaystyle Kh(L)} mit folgenden Eigenschaften:

  • Isotope Verschlingungen haben isomorphe Khovanov-Homologie.
  • Für die disjunkte Vereinigung von Verschlingungen gilt K h ( L 1 L 2 ) = K h ( L 1 ) K h ( L 2 ) {\displaystyle Kh(L_{1}\sqcup L_{2})=Kh(L_{1})\otimes Kh(L_{2})} , insbesondere ist die Khovanov-Homologie der leeren Menge isomorph zu F 2 {\displaystyle F_{2}} ..
  • Die Khovanov-Homologie des Unknotens ist F 2 F 2 {\displaystyle F_{2}\oplus F_{2}} .
  • Wenn Diagramme dreier Verschlingungen L 1 , L 0 , L 1 {\displaystyle L_{-1},L_{0},L_{1}} sich nur in einem kleinen Ausschnitt wie im Bild unten unterscheiden, dann gibt es ein exaktes Dreieck K h ( L 1 ) K h ( L 0 ) K h ( L 1 ) K h ( L 1 ) {\displaystyle Kh(L_{-1})\to Kh(L_{0})\to Kh(L_{1})\to Kh(L_{-1})} .
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L 1 {\displaystyle L_{-1}} L 0 {\displaystyle L_{0}} L 1 {\displaystyle L_{1}}

Khovanov-Homologie hat eine Bigradierung

K h ( L ) = i , j Z K h i , j ( L ) {\displaystyle Kh(L)=\bigoplus _{i,j\in \mathbb {Z} }Kh^{i,j}(L)} ,

so dass

  • ein Linkkobordismus Σ : L 1 L 2 {\displaystyle \Sigma \colon L_{1}\to L_{2}} eine Abbildung K h ( Σ ) : K ( L 1 ) K ( L 2 ) {\displaystyle Kh(\Sigma )\colon K(L_{1})\to K(L_{2})} vom Bigrad ( 0 , χ ( Σ ) ) {\displaystyle (0,\chi (\Sigma ))} induziert,
  • der Erzeuger von K h ( ) {\displaystyle Kh(\emptyset )} den Bigrad ( 0 , 0 ) {\displaystyle (0,0)} und die Erzeuger von K h ( U n k n o t e n ) {\displaystyle Kh(Unknoten)} den Bigrad ( 1 , 0 ) {\displaystyle (1,0)} und ( 0 , 1 ) {\displaystyle (0,1)} haben,
  • das exakte Dreieck gibt im Fall einer negativen Überkreuzung eine lange exakte Sequenz
K h i , j + 1 ( L 1 ) K h i , j ( L 0 ) K h i ω , j 1 3 ω ( L 1 ) K h i + 1 , j + 1 ( L 1 ) {\displaystyle \ldots \to Kh^{i,j+1}(L_{-1})\to Kh^{i,j}(L_{0})\to Kh^{i-\omega ,j-1-3\omega }(L_{1})\to Kh^{i+1,j+1}(L_{-1})\to \ldots }
wobei ω {\displaystyle \omega } die Anzahl der negativen Überkreuzungen von L 1 {\displaystyle L_{1}} minus die Anzahl der negativen Überkreuzungen von L 0 {\displaystyle L_{0}} ist, und im Fall einer positiven Überkreuzung eine lange exakte Sequenz
K h i 1 , j 1 ( L 1 ) K h i 1 c , j 2 3 c ( L 1 ) K h i , j ( L 0 ) K h i , j 1 ( L 1 ) {\displaystyle \ldots \to Kh^{i-1,j-1}(L_{-1})\to Kh^{i-1-c,j-2-3c}(L_{1})\to Kh^{i,j}(L_{0})\to Kh^{i,j-1}(L_{1})\to \ldots }
wobei c {\displaystyle c} die Anzahl der negativen Überkreuzungen von L 1 {\displaystyle L_{1}} minus die Anzahl der Überkreuzungen von L 0 {\displaystyle L_{0}} ist.
Positive Überkreuzung Negative Überkreuzung
Positive
Überkreuzung
Negative
Überkreuzung

Khovanov-Homologie als Kategorifizierung des Jones-Polynoms

Für eine orientierte Verschlingung ist die gradierte Euler-Charakteristik

1 t 1 2 + t 1 2 i , j ( 1 ) i + j + 1 t j 2 dim ( K h i , j ( L ) ) {\displaystyle {\frac {1}{t^{\frac {1}{2}}+t^{-{\frac {1}{2}}}}}\sum _{i,j}(-1)^{i+j+1}t^{\frac {j}{2}}\dim(Kh^{i,j}(L))}

das Jones-Polynom von L {\displaystyle L} .

Literatur

  • M. Khovanov: A categorification of the Jones polynomial, Duke Mathematical Journal, 101 (3): 359–426, 2000.
  • Dror Bar-Natan: On Khovanov's categorification of the Jones polynomial, Algebraic & Geometric Topology, 2: 337–370, 2002.
  • Khovanov homology (Knot Atlas)