In der Mathematik, in der homologischen Algebra, ist die Grothendieck-Spektralsequenz eine Spektralsequenz zur Berechnung des abgeleiteten Funktors der Komposition zweier Funktoren
mithilfe der abgeleiteten Funktoren von
und
.
Sie wurde konstruiert und 1957 veröffentlicht von Alexander Grothendieck in seiner heute meist als Tôhoku bezeichneten Arbeit Sur quelques points d’algèbre homologique im Tôhoku Mathematical Journal.
Viele Spektralsequenzen in der algebraischen Geometrie sind Anwendungen der Grothendieck-Spektralsequenz, wie beispielsweise die Leray-Spektralsequenz oder die Lyndon-Hochschild-Serre-Spektralsequenz.
Aussage
Seien
und
zwei linksexakte Funktoren zwischen abelschen Kategorien, wobei
und
jeweils genügend Injektive haben und
injektive Objekte auf
-azyklische Objekte abbildet (d. h.
für alle
), dann existiert für jedes Objekt
in
eine Spektralsequenz
![{\displaystyle E_{2}^{p,q}=({\rm {R}}^{p}G\circ {\rm {R}}^{q}F)(A)\Longrightarrow {\rm {R}}^{p+q}(G\circ F)(A),}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/5cefb123aebb029674b4642cadc9fd2678d6d49b)
wobei
jeweils die i-te rechte Ableitung des entsprechenden Funktors bezeichnet, und der Pfeil "
" Konvergenz von Spektralsequenzen meint.
Fünfterm exakte Sequenz
Die Fünfterm exakte Sequenz lautet
![{\displaystyle 0\to {\rm {R}}^{1}G(FA)\to {\rm {R}}^{1}(GF)(A)\to G({\rm {R}}^{1}F(A))\to {\rm {R}}^{2}G(FA)\to {\rm {R}}^{2}(GF)(A).}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/d0902c6516990d91ba16cccf566679c534e1ce64)
Beispiel
Leray-Spektralsequenz
→ Hauptartikel: Leray-Spektralsequenz
Es sei
eine stetige Abbildung zwischen topologischen Räumen. Dann ist das direkte Bild
ein linksexakter Funktor zwischen den Garben auf
und den Garben auf
. Wir nennen
den globalen Schnittfunktor auf
, analog auf
. Dann gilt
nach Definition von
, und
bildet injektive auf
-azyklische Objekte ab. Also existiert für jede Garbe
auf
eine Spektralsequenz mit
![{\displaystyle E_{2}^{p,q}=({\rm {R}}^{p}\Gamma _{Y}\circ {\rm {R}}^{q}f_{*})({\mathcal {F}})=H^{p}(Y,{\rm {R}}^{q}f_{*}{\mathcal {F}})\Longrightarrow R^{p+q}(\Gamma \circ f_{*})({\mathcal {F}})=H^{p+q}(X,{\mathcal {F}}),}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/f4537dc91f3265204485681813c704dab57c6bf2)
genannt die Leray-Spektralsequenz.
Beweisidee
Wähle eine
-azyklische Auflösung
von
. Wir können eine injektive Auflösung für den Komplex
konstruieren[1]:
.
Nun ist
ein Doppelkomplex, zu dem zwei Spektralsequenzen gebildet werden können:
,
was immer 0 ist für
, da
nach Voraussetzung
-azyklisch ist. Also ist
und
.
Außerdem haben wir:
(die letzte Gleichheit gilt, wie leicht nachgeprüft werden kann, da
injektiv und
linksexakt ist).
Da
eine injektive Auflösung von
ist, gilt:
![{\displaystyle {}^{\prime }E_{2}^{p,q}=R^{p}G(R^{q}F(A)).}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/5a365e9f554c0666058ab611b893d589d989cb0c)
Da die beiden Spektralsequenzen den gleichen Grenzterm haben, ist die Aussage gezeigt.
Literatur
- Roger Godement: Topologie algébrique et théorie des faisceaux. Hrsg.: Hermann. Paris 1973.
- Serge Lang: Algebra (= Graduate Texts in Mathematics. Nr. 211). Überarbeitete 3. Auflage. Springer-Verlag, New York 2002, ISBN 0-387-95385-X, S. 821.
- Charles Weibel: An introduction to homological algebra. Hrsg.: Cambridge University Press (= Cambridge Studies in Advanced Mathematics). 38. Auflage. 1994, ISBN 978-0-521-55987-4.
Weblinks
- Grothendieck spectral sequence. In: PlanetMath. (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ Charles Weibel: An introduction to homological algebra. Hrsg.: Cambridge University Press (= Cambridge Studies in Advanced Mathematics). 38. Auflage. 1994, ISBN 978-0-521-55987-4.