Gleitende wirtschaftliche Losgröße

Das Verfahren der gleitenden wirtschaftlichen Losgröße (engl. least-unit-cost-method, LUC) ist ein heuristisches Verfahren der dynamischen Losgrößenermittlung. Es zielt auf die Minimierung der Stückkosten ab.

Im Fall gleich bleibender Bedarfsmengen (stationärer Fall) sind die durchschnittlichen Kosten in Abhängigkeit von der Menge, genau dann minimal wenn die optimale Losgröße gefertigt wird. Überträgt man diese Eigenschaft auf den dynamischen Fall, so erhält man das Verfahren der gleitenden wirtschaftlichen Losgröße. Sigfrid Gahse hat diese Methode als erster veröffentlicht (1965), Walter Trux folgte bald danach (1968).

Formel

Berechnung der Stückkosten k i j {\displaystyle k_{ij}} in der gewählten Produktionsperiode i {\displaystyle i} und Bedarfsperiode j {\displaystyle j} .
k i j = A + l k t = i j B t ( t i ) t = i j B t {\displaystyle k_{ij}={\frac {A+lk\sum _{t=i}^{j}B_{t}\cdot (t-i)}{\sum _{t=i}^{j}B_{t}}}}
A {\displaystyle A} : Umrüstkosten oder Losauflagekosten [GE]
B t {\displaystyle B_{t}} : Nettobedarf des Produkts in der Periode t [ ME Periode ] {\displaystyle \lbrack {\tfrac {\text{ME}}{\text{Periode}}}\rbrack }
l k {\displaystyle lk} : Lagerkostensatz [ GE ME Periode ] {\displaystyle \lbrack {\tfrac {\text{GE}}{{\text{ME}}\cdot {\text{Periode}}}}\rbrack }
t {\displaystyle t} : Periode

Vorgehensweise

Ausgehend von der Produktionsperiode i {\displaystyle i} wird die Bedarfsperiode j {\displaystyle j} gesucht, bei der die Stückkosten k i j {\displaystyle k_{ij}} minimal sind. Gestartet wird bei i = 1 {\displaystyle i=1} und j = 1 {\displaystyle j=1} . Wobei in der ersten Iteration nur das j {\displaystyle j} erhöht wird, bis die Stückkosten k i j {\displaystyle k_{ij}} größer als die Stückkosten von k i ( j 1 ) {\displaystyle k_{i(j-1)}} sind. Ist dies der Fall wird bei k i ( j 1 ) {\displaystyle k_{i(j-1)}} die erste Iteration abgebrochen und die erste Losgröße ist gefunden.
Beim folgenden Iterationsschritt wird der Periode i {\displaystyle i} der Wert j {\displaystyle j} aus der vorherigen Iteration zugewiesen und der Wert der Bedarfsperioden j {\displaystyle j} bleibt bestehen.

Zielkonflikt

Kostenverlauf bei Losfertigung

Fertigt man mit weniger und dafür größeren Losen, dann reduzieren sich die Rüstkosten, dafür erhöhen sich die Lagerhaltungskosten. Umgekehrt führen mehr Lose zu niedrigeren Lagerkosten, dafür aber zu höheren Rüstkosten.

Beispiel

Für die Perioden 1 bis 6 fallen folgende Bedarfe in Stück an:

Perioden 1 2 3 4 5 6
Bedarfsmenge 50 10 80 40 5 70

Die Rüstkosten betragen A = 200 Euro, der Lagerkostensatz 10 Euro Stück Periode {\displaystyle 10{\tfrac {\text{Euro}}{{\text{Stück}}\cdot {\text{Periode}}}}} .

Lösung mit Hilfe einer Tabelle
Produktionsperiode i Bedarfsperiode j Stückkosten k i j {\displaystyle k_{ij}}
1 1 200 50 = 4 {\displaystyle {\tfrac {200}{50}}=4} (lokales Minimum)
1 2 300 60 = 5 {\displaystyle {\tfrac {300}{60}}=5} (Abbruch)
2 2 200 , 00 10 = 20 {\displaystyle {\tfrac {200,00}{10}}=20}
2 3 1000 90 = 11 , 1 {\displaystyle {\tfrac {1000}{90}}=11,1} (lokales Minimum)
2 4 1800 130 = 13 , 8 {\displaystyle {\tfrac {1800}{130}}=13,8} (Abbruch)
4 4 200 40 = 5 {\displaystyle {\tfrac {200}{40}}=5} (lokales Minimum)
4 5 250 45 = 5 , 6 {\displaystyle {\tfrac {250}{45}}=5,6} (Abbruch)
5 5 200 5 = 40 {\displaystyle {\tfrac {200}{5}}=40}
5 6 900 75 = 12 {\displaystyle {\tfrac {900}{75}}=12} (Ende)

Daraus folgen die Losgrößen: x 1 = 50 {\displaystyle x_{1}=50} , x 2 = 90 {\displaystyle x_{2}=90} , x 4 = 40 {\displaystyle x_{4}=40} , x 5 = 75 {\displaystyle x_{5}=75} und Gesamtkosten von 2300   GE {\displaystyle 2300\ {\text{GE}}} .

Siehe auch

  • Silver-Meal Heuristik
  • Stückperiodenausgleich
  • Verfahren von Groff

Literatur

  • Sigfrid Gahse: Lagerdisposition mit elektronischen Datenverarbeitungsanlagen, Neue Betriebswirtschaft, Heft 1, 1965, Seite 4
  • Sigfrid Gahse: Optimale Bestellmengen, IBM Fachliteratur Form 81533, April 1967
  • Walter Trux: Einkauf und Lagerdisposition mit Datenverarbeitung, verlag moderne In-dustrie, München, 1968
  • Sigfrid Gahse: Systeme der integrierten Datenverarbeitung – Einkauf, verlag moderne industrie, München, 1972, Seite 115 ff.
  • Karl-Werner Hansmann: Industrielles Management. 7., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage. Oldenbourg, München u. a. 2001, ISBN 3-486-25676-9, S. 307.
  • Karl Kurbel: Produktionsplanung und -steuerung im Enterprise Resource Planning und Supply Chain Management. 6., völlig überarbeitete Auflage. Oldenbourg, München u. a. 2005, ISBN 3-486-57578-3, S. 118.
  • Peter Mertens: Integrierte Informationsverarbeitung. Band 1: Operative Systeme in der Industrie. 17., überarbeitete Auflage. Gabler, Wiesbaden, ISBN 978-3-8349-1645-7, S. 81.
  • Horst Tempelmeier: Material-Logistik. Modelle und Algorithmen für die Produktionsplanung und -steuerung und das Supply-chain-Management. 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. Springer, Berlin u. a. 1999, ISBN 3-540-66288-X, S. 158.
  • Rainer Weber: Zeitgemäße Materialwirtschaft mit Lagerhaltung. Flexibilität, Lieferbereitschaft, Bestandsreduzierung, Kostensenkung – das deutsche Kanban (= Kontakt & Studium. 266). 9., neu bearbeitete Auflage. Expert-Verlag, Renningen 2009, ISBN 978-3-8169-2903-1, S. 97.