Friedrich Bernet

Friedrich Daniel Bernet (* 21. Februar 1829 in St. Gallen; † 26. Februar 1872 ebenda) war ein Schweizer Jurist, Redaktor und freisinniger Politiker.

Leben

Familie

Friedrich Bernet war der Sohn des Kaufmanns Friedrich Daniel Bernet (* 4. September 1803 in St. Gallen; † 17. August 1868 ebenda)[1][2] und dessen Ehefrau ‎Weibratha (* 11. Mai 1798 in St. Gallen; † 20. April 1829 ebenda), die Tochter des Buchbinders Bernhard Gerung‏‎ (1770–1847). In zweiter Ehe heiratete sein Vater Anna (* 23. April 1812 in St. Gallen), die Tochter des Buchbinders Konrad Locher); er hatte aus dieser Ehe noch eine Halbschwester.

Der Bruder seines Vaters war der Pfarrer Johann Jakob Bernet (1800–1851)[3].[4]

Seit 1856 war er mit Johanna Stephanie Arnoldine, der Tochter von Johann Jakob Kuhn, Oberst, verheiratet; gemeinsam hatten sie sieben Kinder.[5]

Er wurde auf dem Friedhof der Kirche St. Mangen in St. Gallen beigesetzt.

Der Xylograph Heinrich Scheu fertigte einen Holzschnitt von Friedrich Bernet an.

Werdegang

Nach dem Besuch des Gymnasiums (siehe Kantonsschule am Burggraben) in St. Gallen immatrikulierte sich Friedrich Bernet 1848 zu einem Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Zürich und setzte dieses an der Universität Heidelberg fort.

Nachdem er sein Studium abgeschlossen hatte, erhielt er von 1852 bis 1854 ein Praktikum beim Rechtsanwalt Karl Hoffmann[6] und war bis 1865 als Fürsprecher in St. Gallen tätig, dazu folgte eine Tätigkeit als Redaktor der freisinnigen St. Galler Zeitung von 1854 bis zu seinem Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen im Jahr 1871[7][8]; ihm folgte als Redakteur Theodor Curti.[9]

1864 wurde er zum Kriminalrichter[10] und 1865 zum Gerichtsschreiber beim Bezirksgericht der Stadt St. Gallen gewählt.[11]

In der Schweizer Armee erreichte er den Dienstgrad eines Hauptmanns[12][13]; 1866 bat er um die Entlassung aus der Wehrpflicht.[14]

Politisches und gesellschaftliches Wirken

Friedrich Bernet war von 1859 bis 1860 sowie 1861 St. Galler Verfassungsrat[15] und von 1861 bis 1864 sowie von 1867 bis 1871 im Grossrat von St. Gallen. Als Nationalrat vertrat er vom 4. Juli 1864 bis zum 5. Dezember 1869 den linksradikalen und demokratischen Standpunkt, etwa als Mitinitiator der gescheiterten Bundesrevision von 1865 bis 1866.[16] Im Grossen Rat folgte ihm der Postdirektor Huldrich Arnold Seifert[17] und im Nationalrat Daniel Wirth (1815–1901)[18].[19]

1865 beteiligte er sich an einem Aufruf, in dem es um die Anprangerung der Bestrafung des Buchdruckers J. J. Ryniker, der die Broschüre Die Garantien des allgemeinen Wohls[20] im Selbstverlag veröffentlicht hatte und dafür mit der Prügelstrafe am Schandpfahl bestraft wurde.[21][22][23] Im selben Jahr beantragte er im Nationalrat einen Zusatz in die Verfassung, dass körperliche Züchtigung weder polizeilich noch strafrechtlich zur Anwendung kommen sollen.[24]

Er wurde 1865 durch den Grossen Rat in die Anklagekammer des Kassationsgerichts gewählt.[25]

Unter anderem beschäftigte er sich mit der sozialen Frage und veröffentlichte hierzu 1868 seine Schrift Nach zwanzig Jahren.

Ende 1871 beschloss, auf seine Anregung hin, der Grosse Rat, dass zur Hebung des Kleingewerbes die Kantonalbank Vorschüsse auf beschränkte Zeit und Kredite auf laufende Rechnung gegen eine Personalbürgschaft vergeben konnte.[26]

Er pflegte eine Freundschaft mit dem Schriftsteller Gottfried Keller und widmete diesem 1861 ein Abschiedslied.[27]

Mitgliedschaften

Friedrich Bernet war Mitglied der Helvetia und erhielt 1865 den Auftrag, ein Programm zur Bundesrevision zu erstellen.[28][29] Die von ihm publizierten Vorschläge wurden auf der Helvetia fast ohne Veränderung angenommen und beschlossen, sodass eine Petition an die Bundesversammlung gerichtet werden konnte.[30][31]

Er war von 1868[32] bis zu seinem Tod Zentralpräsident des Schweizer Grütlivereins und förderte in diesem Amt den genossenschaftlichen Gedanken; sein Nachfolger als Präsident wurde Arnold Lang. 1870 stellte er als Präsident des Grütlivereins, einen Statutenentwurf zu einer freiwilligen Leih- und Sparkasse des Vereins vor.[33]

Schriften (Auswahl)

  • Freiheit statt Zwang: Ein Wort für Freigebung der Assekuranz. St. Gallen, 1865 (Digitalisat).
  • Zur Bundesrevision: Bericht an die Generalversammlung der Helvetia: als Beilage zur Petition an die Bundesversammlung. St. Gallen, 1865 (Digitalisat).
  • Nach zwanzig Jahren. St. Gallen, 1868 (Digitalisat).
  • Zur Revision der Bundesverfassung: Entwurf einer Vorlage an die Generalversammlung der "Helvetia". St. Gallen, 1868.

Literatur

  • Friedrich Bernet. In: St. Gallen. In: Tagblatt der Stadt Biel vom 19. Juli 1871. S. 3 (Digitalisat).
  • Friedrich Bernet. In: Traueranzeige. In: St. Galler Zeitung vom 27. Februar 1872. S. 1 (Digitalisat).
  • Friedrich Bernet. In: Centralpräsident Bernet. In: Grütlianer vom 28. Februar 1872. S. 1 (Digitalisat).
  • Friedrich Bernet. In: Neues Tagblatt aus der östlichen Schweiz vom 28. Februar 1872. S. 3 (Digitalisat).
  • Friedrich Bernet. In: Tagblatt der Stadt Biel vom 2. März 1872. S. 3 (Digitalisat).
  • Friedrich Bernet. In: St. Galler Zeitung vom 6. März 1872. S. 1 (Digitalisat), vom 7. März 1872. S. 2 (Digitalisat) und vom 8. März 1872. S. 2 (Digitalisat).
  • Nationalrat Friedrich Bernet in St. Gallen. In: Nikolaus von Senn von Werdenberg: Grosse Eidsgenossen. Werdenberg. Im Selbstverlag. 1882. S. 9–21 (Digitalisat).
  • Cornel Dora: Friedrich Bernet. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Friedrich Bernet auf der Website der Bundesversammlung(Eingereichte Vorstösse).
  • Friedrich Bernet. In: Matrikeledition der Universität Zürich.

Einzelnachweise

  1. Historisches Familienlexikon der Schweiz - Familienübersicht. Abgerufen am 13. September 2024. 
  2. St. Gallen - Stadt. In: Neues Tagblatt aus der östlichen Schweiz 19. August 1868. Abgerufen am 13. September 2024. 
  3. Marcel Mayer: Johann Jakob Bernet. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 11. Juni 2004, abgerufen am 13. September 2024.
  4. St. Gallen. In: Intelligenzblatt für die Stadt Bern 20. August 1868. Abgerufen am 13. September 2024. 
  5. Tagesbericht. In: Neues Tagblatt aus der östlichen Schweiz 9. April 1870. Abgerufen am 13. September 2024. 
  6. Anzeige. In: Der Wahrheitsfreund 27. Januar 1854. Abgerufen am 13. September 2024. 
  7. St. Gallen. In: Der Bund 12. Juli 1871. Abgerufen am 13. September 2024. 
  8. St. Gallen. In: Neue Zürcher Zeitung 13. Juli 1871. Abgerufen am 13. September 2024. 
  9. Schweizerisches. In: St. Galler Volksblatt 19. August 1871. Abgerufen am 13. September 2024. 
  10. Schweiz: Bundesstadt. In: Neue Zürcher Zeitung 13. Februar 1864. Abgerufen am 13. September 2024. 
  11. St. Gallen: Stadt. In: Neues Tagblatt aus der östlichen Schweiz 30. Juni 1865. Abgerufen am 13. September 2024. 
  12. St. Gallen. In: St. Galler Zeitung 3. Oktober 1864. Abgerufen am 13. September 2024. 
  13. Stellungnahme. In: St. Galler Zeitung 24. Oktober 1864. Abgerufen am 13. September 2024. 
  14. Eidgenossenschaft. In: Der Bund 8. Februar 1866. Abgerufen am 13. September 2024. 
  15. Wir nehmen an. In: Neues Tagblatt aus der östlichen Schweiz 13. Oktober 1861. Abgerufen am 13. September 2024. 
  16. Eidgenossenschaft. In: Thuner Wochenblatt 3. Februar 1866. Abgerufen am 13. September 2024. 
  17. St. Gallen. In: Neue Zürcher Zeitung 20. März 1872. Abgerufen am 14. September 2024. 
  18. Cornel Dora: Daniel Wirth. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 11. November 2014, abgerufen am 13. September 2024.
  19. St. Gallen. In: Neue Zürcher Zeitung 8. November 1869. Abgerufen am 13. September 2024. 
  20. J. J. Ryniker: Die Garantien des allgemeinen Wohls. J. Allemann, 1865 (google.de [abgerufen am 13. September 2024]). 
  21. Uri. In: Neue Zürcher Zeitung 16. Oktober 1865. Abgerufen am 13. September 2024. 
  22. Aufruf. In: Der Bund 31. Oktober 1865. Abgerufen am 13. September 2024. 
  23. Die Ryniker-Affäre. In: Neue Zürcher Zeitung 2. November 1865. Abgerufen am 13. September 2024. 
  24. Nationalrath. In: Neues Tagblatt aus der östlichen Schweiz 10. November 1865. Abgerufen am 13. September 2024. 
  25. St. Gallischer Großer Rath. In: Neues Tagblatt aus der östlichen Schweiz 30. November 1865. Abgerufen am 13. September 2024. 
  26. St. Gallen. In: Der Bund 2. Dezember 1871. Abgerufen am 13. September 2024. 
  27. Abschiedslied der Muse an Gottfried den Staatsschreiber. In: Neue Zürcher Zeitung 18. September 1861. Abgerufen am 13. September 2024. 
  28. Helvetia. In: Der Bund 23. Juli 1865. Abgerufen am 13. September 2024. 
  29. Tagesbericht. In: Neues Tagblatt aus der östlichen Schweiz 18. September 1865. Abgerufen am 13. September 2024. 
  30. Eidgenossenschaft. In: Tagblatt der Stadt Biel 26. September 1865. Abgerufen am 13. September 2024. 
  31. Zwei Tage am Mittellauf der Aare (Schluß). In: Der Bund 29. September 1865. Abgerufen am 13. September 2024. 
  32. Die Sektion St. Gallen an sämmtliche Sektionen des schweizerischen Grütlivereins. In: Grütlianer 15. Juli 1868. Abgerufen am 13. September 2024. 
  33. Statutenentwurf. In: Grütlianer 23. Februar 1870. Abgerufen am 13. September 2024. 
Normdaten (Person): GND: 1062513487 (lobid, OGND, AKS) | VIAF: 311725468 | Wikipedia-Personensuche

[[Kategorie:]]Hauptmann (Schweiz)

Personendaten
NAME Bernet, Friedrich
ALTERNATIVNAMEN Bernet, Friedrich Daniel (vollständiger Name); Bernet, Fritz
KURZBESCHREIBUNG Schweizer Jurist, Redaktor und Politiker
GEBURTSDATUM 21. Februar 1829
GEBURTSORT St. Gallen
STERBEDATUM 26. Februar 1872
STERBEORT St. Gallen