Birnbaum-Orlicz-Raum

Ein Birnbaum-Orlicz-Raum (auch Orlicz-Raum) ist ein Begriff aus dem mathematischen Teilgebiet der Funktionalanalysis und ein Funktionenraum, der die Lp-Räume verallgemeinert. Er ist benannt nach den polnischen Mathematikern Zygmunt Wilhelm Birnbaum und Władysław Orlicz.[1]

Definition

Orlicz-Funktion

Sei μ {\displaystyle \mu } ein σ-endliches Maß auf einer Menge X {\displaystyle X} . Eine konvexe Funktion ϕ : [ 0 , ] [ 0 , ] {\displaystyle \phi \colon [0,\infty ]\to [0,\infty ]} nennt man Orlicz-Funktion (auch Young-Funktion), wenn Folgendes gilt:

ϕ ( x ) x , wenn  x , {\displaystyle {\frac {\phi (x)}{x}}\to \infty ,\quad {\text{wenn }}x\to \infty ,} und
ϕ ( x ) x 0 , wenn  x 0 {\displaystyle {\frac {\phi (x)}{x}}\to 0,\quad {\text{wenn }}x\to 0} .

Orlicz-Norm

Sei nun ψ {\displaystyle \psi } die rechtsinverse Funktion zu ϕ {\displaystyle \phi '} , das heißt, es gilt ψ ( s ) = sup { t : ϕ ( t ) s } {\displaystyle \psi (s)=\sup\{t:\phi '(t)\leq s\}} . Wir definieren die Komplementärfunktion zu ϕ {\displaystyle \phi } als das Integral über die rechtsinverse Funktion ihrer Ableitung:

Q ψ ( x ) = 0 | x | ψ ( s ) d s {\displaystyle Q_{\psi }(x)=\int _{0}^{|x|}\psi (s)\,\mathrm {d} s} .

Die Orlicz-Norm ist dann gegeben durch:

f Q = sup { | X f g d μ | : X Q ψ ( g ( t ) ) d μ ( t ) 1 } {\displaystyle \|f\|_{Q}=\sup \left\{\left|\int _{X}fg\,\mathrm {d} \mu \right|:\int _{X}Q_{\psi }(g(t))\,\mathrm {d} \mu (t)\leq 1\right\}} .

Birnbaum-Orlicz-Raum

Der Birnbaum-Orlicz-Raum ist definiert als

L Q ( X , μ ) := { f : X K : f i s t   m e s s b a r , f Q < } {\displaystyle L_{Q}(X,\mu ):=\left\{f\colon X\to \mathbb {K} :f\,{\rm {ist\ messbar}}\,,\|f\|_{Q}<\infty \right\}}

(oder kurz als L Q {\displaystyle L_{Q}} ), also als der Raum aller messbaren Funktionen, die eine endliche Orlicz-Norm besitzen.

Luxemburg-Norm

Eine äquivalente Norm namens Luxemburg-Norm erhält man durch

f ϕ = inf { k ( 0 , ) : X ϕ ( | f | / k ) d μ 1 } {\displaystyle \|f\|_{\phi }=\inf \left\{k\in (0,\infty ):\int _{X}\phi (|f|/k)\,\mathrm {d} \mu \leq 1\right\}} .

Für eine Zufallsvariable Y {\displaystyle Y} ergibt sich daraus folgende Norm:

Y ϕ = inf { k ( 0 , ) : E [ ϕ ( | Y | / k ) ] 1 } {\displaystyle \|Y\|_{\phi }=\inf \left\{k\in (0,\infty ):\mathbb {E} [\phi (|Y|/k)]\leq 1\right\}} .

Eigenschaften

  • Für μ ( X ) < {\displaystyle \mu (X)<\infty } und p [ 1 , ) {\displaystyle p\in [1,\infty )} mit lim inf x x p ϕ ( x ) > 0 {\displaystyle \liminf _{x\to \infty }x^{-p}\,\phi (x)>0} gilt die Inklusionskette L L Q L p {\displaystyle L^{\infty }\subset L_{Q}\subset L^{p}} .
  • Nimmt man ϕ p ( x ) := x p {\displaystyle \phi _{p}(x):=x^{p}} , so erhält man die Lp-Räume.
  • Ein Birnbaum-Orlicz-Raum ist ein Banach-Raum.

Einzelnachweise

  1. Über die Verallgemeinerung des Begriffes der zueinander konjugierten Potenzen Studia Mathematica 3, S. 1–67, 1931.