Artin-Schreier-Theorie

Die Artin-Schreier-Theorie gehört in der Mathematik zur Körpertheorie. Für Körper positiver Charakteristik p {\displaystyle p} beschreibt sie abelsche Galois-Erweiterungen vom Exponenten p {\displaystyle p} und ergänzt damit die Kummer-Theorie. Sie ist benannt nach Emil Artin und Otto Schreier.[1]

Motivation: zyklische Erweiterungen vom Grad p

Sei K {\displaystyle K} ein Körper der Charakteristik p . {\displaystyle p.} Der Ausgangspunkt der Artin-Schreier-Theorie ist das Artin-Schreier-Polynom

f a ( X ) = X p X a {\displaystyle f_{a}(X)=X^{p}-X-a}

für ein a K . {\displaystyle a\in K.} Aus dem kleinen Satz von Fermat oder abstrakter aus den Eigenschaften des Frobeniushomomorphismus folgt: Für c F p = Z / p Z {\displaystyle c\in \mathbb {F} _{p}=\mathbb {Z} /p\mathbb {Z} } ist f a ( X + c ) = f a ( X ) . {\displaystyle f_{a}(X+c)=f_{a}(X).} Daraus ergibt sich: Ist ω {\displaystyle \omega } eine Nullstelle von f a ( X ) {\displaystyle f_{a}(X)} in einem Erweiterungskörper von K , {\displaystyle K,} dann sind die weiteren Nullstellen ω + 1 , ω + 2 , , ω + ( p 1 ) . {\displaystyle \omega +1,\omega +2,\dots ,\omega +(p-1).} Hat f a ( X ) {\displaystyle f_{a}(X)} keine Nullstelle in K , {\displaystyle K,} ist es folglich irreduzibel, und der Erweiterungskörper K ( ω ) / K {\displaystyle K(\omega )/K} ist galoissch mit Galois-Gruppe Z / p Z , {\displaystyle \mathbb {Z} /p\mathbb {Z} ,} erzeugt von ω ω + 1. {\displaystyle \omega \mapsto \omega +1.}

Sei umgekehrt L / K {\displaystyle L/K} eine Galois-Erweiterung vom Grad p {\displaystyle p} und σ {\displaystyle \sigma } ein Erzeuger der Galois-Gruppe. Nach dem Normalbasissatz existiert ein x L , {\displaystyle x\in L,} sodass x , σ x , , σ p 1 x {\displaystyle x,\sigma x,\dots ,\sigma ^{p-1}x} eine Basis von L {\displaystyle L} als K {\displaystyle K} -Vektorraum ist. Nach Konstruktion ist die Spur

Spur L / K ( x ) = x + σ x + + σ p 1 x {\displaystyle {\text{Spur}}_{L/K}(x)=x+\sigma x+\dots +\sigma ^{p-1}x}

nicht 0. Setze

ω = 1 Spur L / K ( x ) k = 1 p 1 k σ k x . {\displaystyle \omega =-{\frac {1}{{\text{Spur}}_{L/K}(x)}}\sum _{k=1}^{p-1}k\cdot \sigma ^{k}x.}

Dann ist

σ ( ω ) = 1 Spur L / K ( x ) k = 1 p 1 k σ k + 1 x = 1 Spur L / K ( x ) ( k = 0 p 1 ( k + 1 ) σ k + 1 x k = 0 p 1 σ k + 1 x ) = 1 Spur L / K ( x ) k = 1 p k σ k x + 1 = ω + 1 {\displaystyle {\begin{aligned}\sigma (\omega )&=-{\frac {1}{{\text{Spur}}_{L/K}(x)}}\sum _{k=1}^{p-1}k\cdot \sigma ^{k+1}x\\&=-{\frac {1}{{\text{Spur}}_{L/K}(x)}}\left(\sum _{k=0}^{p-1}(k+1)\cdot \sigma ^{k+1}x-\sum _{k=0}^{p-1}\sigma ^{k+1}x\right)\\&=-{\frac {1}{{\text{Spur}}_{L/K}(x)}}\sum _{k=1}^{p}k\cdot \sigma ^{k}x+1\\&=\omega +1\end{aligned}}}

und folglich

σ ( ω p ω ) = ( σ ω ) p σ ω = ( ω + 1 ) p ( ω + 1 ) = ω p ω . {\displaystyle \sigma (\omega ^{p}-\omega )=(\sigma \omega )^{p}-\sigma \omega =(\omega +1)^{p}-(\omega +1)=\omega ^{p}-\omega .}

Daher ist a = ω p ω {\displaystyle a=\omega ^{p}-\omega } invariant unter der Galois-Gruppe, liegt also in K . {\displaystyle K.}

Das so konstruierte Element a K {\displaystyle a\in K} hängt von der Wahl von x {\displaystyle x} ab, aber in kontrollierter Weise: Ist ω 1 L {\displaystyle \omega _{1}\in L} ein anderes Element mit σ ω 1 = ω 1 + 1 , {\displaystyle \sigma \omega _{1}=\omega _{1}+1,} dann ist σ ( ω ω 1 ) = ( ω + 1 ) ( ω 1 + 1 ) = ω ω 1 , {\displaystyle \sigma (\omega -\omega _{1})=(\omega +1)-(\omega _{1}+1)=\omega -\omega _{1},} also ist ω 1 = ω + d {\displaystyle \omega _{1}=\omega +d} mit einem Element d K , {\displaystyle d\in K,} und

ω 1 p ω 1 = ( ω + d ) p ( ω + d ) = ω p + d p ω d = a + ( d p d ) . {\displaystyle \omega _{1}^{p}-\omega _{1}=(\omega +d)^{p}-(\omega +d)=\omega ^{p}+d^{p}-\omega -d=a+(d^{p}-d).}

Folglich ist die Restklasse von a {\displaystyle a} modulo { d p d : d K } {\displaystyle \{d^{p}-d:d\in K\}} eindeutig bestimmt.

Resultate

Sei K {\displaystyle K} ein Körper der Charakteristik p > 0. {\displaystyle p>0.}

  • Sei K = { d p d : d K } . {\displaystyle \wp K=\{d^{p}-d:d\in K\}.} Die Abbildung, die einem Element a K {\displaystyle a\in K} den Zerfällungskörper des Polynoms X p X a {\displaystyle X^{p}-X-a} zuordnet, induziert eine Bijektion von ( K / K ) { 0 } {\displaystyle (K/\wp K)\setminus \{0\}} auf die Menge der Isomorphieklassen von Galois-Erweiterungen von K {\displaystyle K} vom Grad p . {\displaystyle p.}

Die allgemeinere Fassung von Ernst Witt lautet:[2]

  • Sei K sep {\displaystyle K^{\text{sep}}} ein separabler Abschluss von K {\displaystyle K} und : K sep K sep {\displaystyle \wp :K^{\text{sep}}\to K^{\text{sep}}} der additive Gruppenhomomorphismus x x p x . {\displaystyle x\mapsto x^{p}-x.} Dann gibt es die folgende explizite Bijektion zwischen der Menge der Untergruppen von K / K {\displaystyle K/\wp K} und der Menge der (nicht notwendigerweise endlichen) abelschen Erweiterungen von K {\displaystyle K} vom Exponenten p {\displaystyle p} (d. h. für jedes Element σ {\displaystyle \sigma } der Galoisgruppe gilt σ p = id {\displaystyle \sigma ^{p}={\text{id}}} ): Eine Untergruppe von Δ K / K {\displaystyle \Delta \subseteq K/\wp K} werde mit ihrem Urbild in K {\displaystyle K} identifiziert. Dann ist K ( 1 ( Δ ) ) / K {\displaystyle K(\wp ^{-1}(\Delta ))/K} die zugehörige abelsche Erweiterung vom Exponenten p . {\displaystyle p.} Für endliche Untergruppen Δ K / K {\displaystyle \Delta \subseteq K/\wp K} ist [ K ( 1 ( Δ ) ) : K ] = | Δ | . {\displaystyle [K(\wp ^{-1}(\Delta )):K]=|\Delta |.} Die Umkehrabbildung ordnet einer Erweiterung L / K {\displaystyle L/K} die Gruppe ( K L ) / K {\displaystyle (K\cap \wp L)/\wp K} zu.

Galoiskohomologische Interpretation

Sei weiterhin K {\displaystyle K} ein Körper der Charakteristik p , {\displaystyle p,} K sep {\displaystyle K^{\text{sep}}} ein separabler Abschluss von K {\displaystyle K} und : K sep K sep ,   x x p x . {\displaystyle \wp \colon K^{\text{sep}}\to K^{\text{sep}},\ x\mapsto x^{p}-x.} Sei außerdem G K = Gal ( K sep / K ) {\displaystyle G_{K}={\text{Gal}}(K^{\text{sep}}/K)} die absolute Galoisgruppe von K . {\displaystyle K.} Das Polynom X p X a {\displaystyle X^{p}-X-a} ist für jedes a K sep {\displaystyle a\in K^{\text{sep}}} separabel, weil seine Ableitung p X p 1 1 = 1 {\displaystyle pX^{p-1}-1=-1} ist. Deshalb ist der Homomorphismus : K sep K sep {\displaystyle \wp \colon K^{\text{sep}}\to K^{\text{sep}}} surjektiv. Sein Kern ist F p = Z / p Z . {\displaystyle \mathbb {F} _{p}=\mathbb {Z} /p\mathbb {Z} .} Man erhält also eine kurze exakte Sequenz von G K {\displaystyle G_{K}} -Moduln:

0 Z / p Z K sep K sep 0. {\displaystyle 0\to \mathbb {Z} /p\mathbb {Z} \to K^{\text{sep}}{\stackrel {\wp }{\longrightarrow }}K^{\text{sep}}\to 0.}

Sie induziert in der Galoiskohomologie eine lange exakte Sequenz

0 Z / p Z K K Hom ( G K , Z / p Z ) H 1 ( G K , K sep ) = 0. {\displaystyle 0\to \mathbb {Z} /p\mathbb {Z} \to K{\stackrel {\wp }{\longrightarrow }}K\to {\text{Hom}}(G_{K},\mathbb {Z} /p\mathbb {Z} )\to H^{1}(G_{K},K^{\text{sep}})=0.}

Dabei wurde verwendet:

  • H 0 ( G K , K sep ) = K . {\displaystyle H^{0}(G_{K},K^{\text{sep}})=K.}
  • H 1 ( G K , Z / p Z ) = Hom ( G K , Z / p Z ) {\displaystyle H^{1}(G_{K},\mathbb {Z} /p\mathbb {Z} )={\text{Hom}}(G_{K},\mathbb {Z} /p\mathbb {Z} )} (stetige Homomorphismen), weil G K {\displaystyle G_{K}} trivial auf Z / p Z {\displaystyle \mathbb {Z} /p\mathbb {Z} } operiert.
  • H 1 ( G K , K sep ) = 0 , {\displaystyle H^{1}(G_{K},K^{\text{sep}})=0,} weil H 1 ( G K , K sep ) = lim H 1 ( Gal ( L / K ) , L ) {\displaystyle H^{1}(G_{K},K^{\text{sep}})=\varinjlim H^{1}({\text{Gal}}(L/K),L)} über alle endlichen Galois-Erweiterungen von K {\displaystyle K} ist. Mit einer Verallgemeinerung des oben angegebenen Arguments mit dem Normalbasissatz kann man H 1 ( Gal ( L / K ) , L ) = 0 {\displaystyle H^{1}({\text{Gal}}(L/K),L)=0} zeigen.

Für die Betrachtung von Erweiterungen vom Grad p {\displaystyle p} ist die allgemeine Aussage aber nicht erforderlich: Sei L / K {\displaystyle L/K} eine Galois-Erweiterung vom Grad p . {\displaystyle p.} Dann ist Gal ( L / K ) Z / p Z , {\displaystyle {\text{Gal}}(L/K)\cong \mathbb {Z} /p\mathbb {Z} ,} und durch Verkettung mit der Projektion G K Gal ( L / K ) {\displaystyle G_{K}\to {\text{Gal}}(L/K)} erhält man einen Homomorphismus h : G K Z / p Z . {\displaystyle h\colon G_{K}\to \mathbb {Z} /p\mathbb {Z} .} Mit der Einbettung Z / p Z K sep {\displaystyle \mathbb {Z} /p\mathbb {Z} \to K^{\text{sep}}} erhält man einen 1-Kozykel c H 1 ( G K , K sep ) , {\displaystyle c\in H^{1}(G_{K},K^{\text{sep}}),} der aber schon in der Untergruppe H 1 ( Gal ( L / K ) , L ) {\displaystyle H^{1}({\text{Gal}}(L/K),L)} liegt. Das oben konstruierte Element ω L {\displaystyle \omega \in L} hat die Eigenschaft c ( σ ) = σ ω ω {\displaystyle c(\sigma )=\sigma \omega -\omega } für alle σ Gal ( L / K ) , {\displaystyle \sigma \in {\text{Gal}}(L/K),} also ist c {\displaystyle c} ein 1-Korand. Die allgemeine gruppenkohomologische Konstruktion zeigt, dass ( ω ) {\displaystyle \wp (\omega )} ein Urbild von h {\displaystyle h} unter dem Verbindungshomomorphismus ist.

Ist umgekehrt a K {\displaystyle a\in K} gegeben, kann man ein Urbild ω 1 ( a ) {\displaystyle \omega \in \wp ^{-1}(a)} wählen, und der Homomorphismus h : G K Z / p Z {\displaystyle h\colon G_{K}\to \mathbb {Z} /p\mathbb {Z} } ist h ( σ ) = σ ω ω . {\displaystyle h(\sigma )=\sigma \omega -\omega .} Der Kern von h {\displaystyle h} und L = K ( ω ) {\displaystyle L=K(\omega )} entsprechen einander unter der Galois-Korrespondenz.

Also ist der sich aus der langen exakten Sequenz ergebende Isomorphismus K / K Hom ( G K , Z / p Z ) {\displaystyle K/\wp K\to {\text{Hom}}(G_{K},\mathbb {Z} /p\mathbb {Z} )} mit der weiter oben erläuterten expliziten Konstruktion identisch.

Für die allgemeinere Aussage über Untergruppen muss man noch Untergruppen von Hom ( G K , Z / p Z ) {\displaystyle {\text{Hom}}(G_{K},\mathbb {Z} /p\mathbb {Z} )} mit Erweiterungen vom Exponenten p {\displaystyle p} identifizieren: Einer Untergruppe Δ Hom ( G K , Z / p Z ) {\displaystyle \Delta \subseteq {\text{Hom}}(G_{K},\mathbb {Z} /p\mathbb {Z} )} entspricht der Fixkörper von h Δ ker ( h ) , {\displaystyle \textstyle \bigcap _{h\in \Delta }\ker(h),} einer abelschen Erweiterung L / K {\displaystyle L/K} vom Exponenten p {\displaystyle p} entspricht die Untergruppe der Homomorphismen, die über den Quotienten G K Gal ( L / K ) {\displaystyle G_{K}\to {\text{Gal}}(L/K)} faktorisieren.

Artin-Schreier-Symbol und Klassenkörpertheorie

Das Artin-Schreier-Symbol ist eine Ergänzung zum Potenzrestsymbol und dient wie dieses der expliziten Beschreibung der lokalen Reziprozitätsabbildung und führt so zu einer Teilaussage des Existenzsatzes der lokalen Klassenkörpertheorie. Sei K {\displaystyle K} ein lokaler Körper der Charakteristik p > 0 , {\displaystyle p>0,} d. h. isomorph zu einem formaler Laurentreihenkörper F q ( ( T ) ) {\displaystyle \mathbb {F} _{q}((T))} für eine Potenz q = p e . {\displaystyle q=p^{e}.} Das Artin-Schreier-Symbol entsteht aus der kohomologischen Paarung

K / K × G K Z / p Z {\displaystyle K/\wp K\times G_{K}\to \mathbb {Z} /p\mathbb {Z} }

durch Verkettung mit der Reziprozitätsabbildung ( , / K ) : K G K ab . {\displaystyle ({-},{*}/K)\colon K^{*}\to G_{K}^{\text{ab}}.} Ist a K {\displaystyle a\in K} und ω K sep {\displaystyle \omega \in K^{\text{sep}}} mit ( ω ) = a {\displaystyle \wp (\omega )=a} und b K , {\displaystyle b\in K^{*},} dann gilt:

[ a , b ) = ( b , / K ) ω ω . {\displaystyle [a,b)=(b,{*}/K)\omega -\omega .}

Das Artin-Schreier-Symbol induziert eine nicht ausgeartete Bilinearform

K / K × K / ( K ) p Z / p Z . {\displaystyle K/\wp K\times K^{*}/(K^{*})^{p}\to \mathbb {Z} /p\mathbb {Z} .}

Weitere Eigenschaften sind:

  • Es gilt [ a , b ) = 0 {\displaystyle [a,b)=0} genau dann, wenn b {\displaystyle b} eine Norm in der Erweiterung K ( ω ) / K {\displaystyle K(\omega )/K} ist.
  • Es gilt [ a , a ) = 0 {\displaystyle [a,a)=0} für alle a K . {\displaystyle a\in K^{*}.}

Das Artin-Schreier-Symbol hat die folgende explizite Beschreibung: Sei d T {\displaystyle dT} ein Symbol, Ω = F q ( ( T ) ) d T {\displaystyle \Omega =\mathbb {F} _{q}((T))\cdot dT} der eindimensionale, von d T {\displaystyle dT} aufgespannte Vektorraum sowie

d : F q ( ( T ) ) Ω ,     a n T n ( a n n T n 1 ) d T {\displaystyle d\colon \mathbb {F} _{q}((T))\to \Omega ,\ \ \sum a_{n}T^{n}\mapsto \left(\sum a_{n}\cdot nT^{n-1}\right)dT}

und die Residuenabbildung

res : Ω F q ,     ( a n T n ) d T a 1 . {\displaystyle {\text{res}}\colon \Omega \to \mathbb {F} _{q},\ \ \left(\sum a_{n}T^{n}\right)dT\mapsto a_{-1}.}

(Die Konstruktion ist unabhängig vom Isomorphismus K F q ( ( T ) ) . {\displaystyle K\cong \mathbb {F} _{q}((T)).} ) Für a K {\displaystyle a\in K} und b K {\displaystyle b\in K^{*}} ist dann:[3]

[ a , b ) = Spur F q / F p   res ( a d b b ) . {\displaystyle [a,b)={\text{Spur}}_{\mathbb {F} _{q}/\mathbb {F} _{p}}\ {\text{res}}\left(a\cdot {\frac {db}{b}}\right).}

Aus dieser Formel kann man nachweisen, dass das Artin-Schreier-Symbol wie behauptet nicht ausgeartet ist. Daraus folgt, dass ein Element in K , {\displaystyle K^{*},} das für jede Galois-Erweiterung L / K {\displaystyle L/K} vom Grad p {\displaystyle p} in der Normengruppe N L / K L {\displaystyle N_{L/K}L^{*}} liegt, eine p {\displaystyle p} -te Potenz ist. Daraus folgt, dass der Schnitt aller Normengruppen trivial ist, ein wesentlicher Schritt (je nach Zugang) im Beweis des lokalen Existenzsatzes.[4]

Die lokalen Artin-Schreier-Symbole lassen sich auch zu einer globalen Paarung

A K / A K × I K / I K p Z / p Z {\displaystyle \mathbb {A} _{K}/\wp \mathbb {A} _{K}\times I_{K}/I_{K}^{p}\to \mathbb {Z} /p\mathbb {Z} }

(dabei A K {\displaystyle \mathbb {A} _{K}} der Adelring und I K = A K {\displaystyle I_{K}=\mathbb {A} _{K}^{*}} die Idelgruppe) zusammensetzen und für den Beweis des globalen Existenzsatzes im Funktionenkörperfall benutzen.[5]

Geometrische Sichtweise

Im Zentrum der geometrischen Betrachtung steht der Artin-Schreier-Morphismus

= F 1 : G a G a , {\displaystyle \wp =F-1:\mathbb {G} _{a}\to \mathbb {G} _{a},}

der als Lang-Isogenie für die additive Gruppe G a = A 1 {\displaystyle \mathbb {G} _{a}=\mathbb {A} ^{1}} aufgefasst werden kann ( F {\displaystyle F} ist der relative Frobeniusmorphismus). {\displaystyle \wp } ist eine (zusammenhängende und mithin nicht triviale) étale Galois-Überlagerung mit Gruppe Z / p Z . {\displaystyle \mathbb {Z} /p\mathbb {Z} .} Die Existenz von {\displaystyle \wp } zeigt, dass die geometrische étale Fundamentalgruppe der affinen Geraden nicht trivial ist, im Unterschied zur Situation in Charakteristik 0.

Ein Körperelement a K {\displaystyle a\in K} entspricht einem Morphismus a : Spec  K G a , {\displaystyle a:{\text{Spec }}K\to \mathbb {G} _{a},} und die Faser von {\displaystyle \wp } über a {\displaystyle a} ist entweder der triviale Z / p Z {\displaystyle \mathbb {Z} /p\mathbb {Z} } -Torsor oder die durch das Polynom X p X a {\displaystyle X^{p}-X-a} definierte Artin-Schreier-Erweiterung von K . {\displaystyle K.}

Zum Artin-Schreier-Torsor assoziierte Garben sind relevant für die Fourier-Deligne-Transformation.[6]

Artin-Schreier-Witt-Theorie

Die hier skizzierte Theorie verallgemeinert die Artin-Schreier-Theorie auf Erweiterungen, deren Exponent eine Potenz von p {\displaystyle p} ist. Sie ist der Inhalt der Arbeit von Witt, in der er die Wittvektoren einführt.[7] Der erste Teil ist eine allgemeine Aussage über abelsche Erweiterungen von Körpern der Charakteristik p , {\displaystyle p,} der zweite Teil eine explizite Beschreibung eines Teils der lokalen Klassenkörpertheorie im Fall von Funktionenkörpern.

Sei wieder K {\displaystyle K} ein Körper der Charakteristik p , {\displaystyle p,} K sep {\displaystyle K^{\text{sep}}} ein separabler Abschluss von K {\displaystyle K} und G K = Gal ( K sep / K ) {\displaystyle G_{K}={\text{Gal}}(K^{\text{sep}}/K)} die absolute Galois-Gruppe von K . {\displaystyle K.} Sei W n {\displaystyle W_{n}} die Gruppe der p {\displaystyle p} -typischen Wittvektoren der Länge n {\displaystyle n} und F {\displaystyle F} der Frobeniushomomorphismus

( x 0 , , x n 1 ) ( x 0 p , , x n 1 p ) . {\displaystyle (x_{0},\dots ,x_{n-1})\mapsto (x_{0}^{p},\dots ,x_{n-1}^{p}).}

Mit

: W n ( K sep ) W n ( K sep ) ,     x F ( x ) x {\displaystyle \wp :W_{n}(K^{\text{sep}})\to W_{n}(K^{\text{sep}}),\ \ x\mapsto F(x)-x}

ist

0 Z / p n Z W n ( K sep ) W n ( K sep ) 0 {\displaystyle 0\to \mathbb {Z} /p^{n}\mathbb {Z} \to W_{n}(K^{\text{sep}}){\stackrel {\wp }{\longrightarrow }}W_{n}(K^{\text{sep}})\to 0}

eine exakte Sequenz von G K {\displaystyle G_{K}} -Moduln, wobei Z / p n Z W n ( F p ) {\displaystyle \mathbb {Z} /p^{n}\mathbb {Z} \cong W_{n}(\mathbb {F} _{p})} verwendet wurde. Die Galois-Kohomologie H 1 ( G K , W n ) {\displaystyle H^{1}(G_{K},W_{n})} verschwindet, weil die Quotienten bezüglich der V {\displaystyle V} -Filtrierung isomorph zu K sep {\displaystyle K^{\text{sep}}} sind und H 1 ( G K , K sep ) = 0 {\displaystyle H^{1}(G_{K},K^{\text{sep}})=0} gilt (siehe oben). Also ist H 1 ( G K , Z / p n Z ) W n ( K ) / W n ( K ) , {\displaystyle H^{1}(G_{K},\mathbb {Z} /p^{n}\mathbb {Z} )\cong W_{n}(K)/\wp W_{n}(K),} und wie oben erhält man daraus eine Korrespondenz zwischen abelschen Erweiterungen, deren Exponent ein Teiler von p n {\displaystyle p^{n}} ist, und Untergruppen von W n ( K ) / W n ( K ) . {\displaystyle W_{n}(K)/\wp W_{n}(K).} [8]

Sei K F q ( ( T ) ) {\displaystyle K\cong \mathbb {F} _{q}((T))} ein lokaler Körper (formale Laurentreihen). Zu einem Wittvektor a W n ( K ) {\displaystyle a\in W_{n}(K)} und einem Körperelement b K {\displaystyle b\in K^{*}} definiert Witt eine zentrale einfache Algebra A [ a , b ) , {\displaystyle A_{[a,b)},} die von u {\displaystyle u} und den kommutierenden Elementen v 0 , , v n 1 {\displaystyle v_{0},\dots ,v_{n-1}} mit den Relationen

u p n = b ,   ( v ) = a ,   v u = v + 1 {\displaystyle u^{p^{n}}=b,\ \wp (v)=a,\ v^{u}=v+1}

erzeugt wird. Dabei wird mit v = ( v 0 , , v n 1 ) {\displaystyle v=(v_{0},\dots ,v_{n-1})} als einem Wittvektor gerechnet, und v u {\displaystyle v^{u}} steht für den Wittvektor ( u v 0 u 1 , , u v n 1 u 1 ) . {\displaystyle (uv_{0}u^{-1},\dots ,uv_{n-1}u^{-1}).} Sei ω W n ( K sep ) {\displaystyle \omega \in W_{n}(K^{\text{sep}})} mit ( ω ) = a {\displaystyle \wp (\omega )=a} und L = K ( ω ) = K ( ω 0 , , ω n 1 ) , {\displaystyle L=K(\omega )=K(\omega _{0},\dots ,\omega _{n-1}),} außerdem ( , L / K ) {\displaystyle ({-},L/K)} die Reziprozitätsabbildung. Das Artin-Schreier-Witt-Symbol ist definiert als

[ a , b ) = ( b , L / K ) ( ω ) ω W n ( F p ) 1 p n Z / Z Q / Z ; {\displaystyle [a,b)=(b,L/K)(\omega )-\omega \in W_{n}(\mathbb {F} _{p})\cong {\tfrac {1}{p^{n}}}\mathbb {Z} /\mathbb {Z} \subset \mathbb {Q} /\mathbb {Z} ;}

es ist eine nichtausgeartete bilineare Paarung

W n ( K ) / W n ( K ) × K / ( K ) p n Q / Z . {\displaystyle W_{n}(K)/\wp W_{n}(K)\times K^{*}/(K^{*})^{p^{n}}\to \mathbb {Q} /\mathbb {Z} .}

Es ist [ a , b ) = 0 {\displaystyle [a,b)=0} genau dann, wenn b N L / K ( K ) {\displaystyle b\in N_{L/K}(K^{*})} gilt. Der Wert des Symbols ist gleich der Invariante der zentralen einfachen Algebra: [ a , b ) = inv ( A [ a , b ) ) . {\displaystyle [a,b)={\text{inv}}(A_{[a,b)}).} Witt gibt auch eine Beschreibung der Invariante als ein auf Wittvektoren von Laurentreihen fortgesetztes Residuum.[9]

Literatur

  • Jürgen Neukirch, Alexander Schmidt, Kay Wingberg: Cohomology of Number Fields. Springer, Berlin 2000, ISBN 3-540-66671-0, Kap. VI §1. 
  • Peter Roquette: Class Field Theory in Characteristic p, its Origin and Development. In: Class Field Theory, its Centenary and Prospect. Math. Soc. Japan, Tokyo 2001, S. 549–631. 
  • J.-P. Serre: Local Fields. Springer, Berlin 1979, ISBN 3-540-90424-7. 

Fußnoten

  1. Die Originalarbeit ist: Emil Artin, Otto Schreier: Eine Kennzeichnung der reell abgeschlossenen Körper. In: Abhandlungen aus dem mathematischen Seminar der Universität Hamburg. Band 5, Nr. 1, 1927, S. 225–231, doi:10.1007/BF02952522. 
  2. Roquette 2001, Kap. 7.2. Die Originalarbeit ist: Ernst Witt: Der Existenzsatz für abelsche Funktionenkörper. In: Journal für die reine und angewandte Mathematik. Band 173, 1935, S. 34–51. 
  3. Formel erstmals angegeben von Hermann Ludwig Schmid, siehe Roquette 2001, Kap. 7.1. Die Originalarbeit ist: Hermann Ludwig Schmid: Über das Reziprozitätsgesetz in relativ-zyklischen algebraischen Funktionenkörpern mit endlichem Konstantenkörper. In: Mathematische Zeitschrift. Band 40, 1935, S. 91–109. 
  4. Serre 1979, XIV §6
  5. André Weil: Basic Number Theory. 3. Auflage. Springer, New York 1974, ISBN 0-387-06935-6, Kap. XIII §7.  Shokichi Iyanaga: The Theory of Numbers. North-Holland, Amsterdam 1975, ISBN 0-444-10678-2, Kap. V §4. 
  6. Reinhardt Kiehl, Rainer Weissauer: Weil Conjectures, Perverse Sheaves and l-adic Fourier Transform. Springer, Berlin 2001, ISBN 3-540-41457-6. 
  7. Ernst Witt: Zyklische Körper und Algebren der Charakteristik p vom Grad pn. Struktur diskret bewerteter perfekter Körper mit vollkommenem Restklassenkörper der Charakteristik p. In: J. Reine Angew. Math. Band 176, 1936, S. 126–140. 
  8. Nathan Jacobson: Basic Algebra II. W. H. Freeman and Company, San Francisco 1980, ISBN 0-7167-1079-X, Kap. 8.11.  Nicolas Bourbaki: Éléments de mathématique. Algèbre commutative. Chapitres 8 et 9. Springer, Berlin 2006, ISBN 3-540-33942-6, Kap. IX §1 Ex. 19-21. 
  9. Siehe auch: Lara Thomas: Ramification groups in Artin-Schreier-Witt extensions. In: Journal de Théorie des Nombres de Bordeaux. Band 17, Nr. 2, 2005, S. 689–720 (online).